Sendung 621 vom 03.08.2023
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Das ist nicht das erste Mal in der Geschichte, daß ein Journalist und Verleger verfolgt, bedroht und verhaftet wird, aber es ist das erste Mal, daß ein Journalist und Verleger, dem “Spionagegesetz“ nach, wegen der Beweislieferung für begangenen Kriegsverbrechen der USA der Weitergabe von Regierungsgeheimnissen angeklagt wird.
Am 3. Juli beging Julian Assange seinen 52. Geburtstag, zu dem es weltweit Glückwünsche und Solidaritätsbekundungen gab. Es war der 13. Geburtstag, an dem er seiner Freiheit beraubt ist, und der fünfte, den er im Gefängnis Belmarsh verbrachte. Durch die von Assange mitgegründete Enthüllungsplattform WikiLeaks wurde die Weltöffentlichkeit über die Kriegsverbrechen und die menschenverachtenden Praktiken der USA und ihrer Alliierten informiert. Nun sitzt Assange seit über vier Jahren im Gefängnis, während die, die Kriege in Afghanistan und im Irak angezettelt haben, ungehindert durchs Leben gehen oder unbehelligt aus dem Leben schieden, wie z.B. Colin Powell oder Donald Rumsfeld. Die meisten europäischen Regierungspolitiker schweigen zu diesem Unrecht, im Gegensatz zu lateinamerikanischen Kollegen, während die „Leit“medien manchmal „neutrale“ Berichte schreiben und das von Anomalien durchzogene Auslieferungsverfahren in Großbritannien damit legitimieren.
Sevim Dagdelen, Obfrau der Fraktion Die Linke im Auswärtigen Ausschuß, fand anläßlich seines Geburtstags klare Worte und forderte die Freilassung von Julian Assange.
»Es ist eine Schande des Westens, daß der Journalist und Wikileaks-Gründer Julian Assange den fünften Geburtstag in Folge im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, dem britischen Guantanamo, verbringen muß und ihm weiterhin eine Auslieferung an die USA droht. Ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, die zu diesem schwerwiegenden Angriff auf die Pressefreiheit durch die NATO-Partner USA und Großbritannien schweigt, statt sich für die Freilassung von Julian Assange auszusprechen. »Julian Assange soll ganz offensichtlich lebendig begraben bleiben. Der Journalist ist seit nunmehr 1.544 Tagen und Nächten in britischer Einzelhaft, weil er Kriegsverbrechen der US-Armee im Irak und in Afghanistan publik gemacht hat. Im Fall einer Auslieferung an die USA drohen dem Dissidenten des Westens in einem absurden Spionageprozeß 175 Jahre Gefängnis.
Die Bundesregierung ist anläßlich seines Geburtstags aufgefordert, zum Schutz von Pressefreiheit, Demokratie und Menschenrechten konkrete Schritte für die Freilassung von Julian Assange zu ergreifen und sich bei der Administration von US-Präsident Joseph Biden für ein Ende der Verfolgung des mutigen Journalisten einzusetzen. Julian Assange sollte politisches Asyl in Deutschland erhalten und nie wieder Geburtstag im Gefängnis feiern müssen.«
Anstatt die Pressefreiheit zu schützen, setzt Joe Biden Donald Trumps Verfolgung von Assange unter dem berüchtigten Espionage Act fort. Assange, der nach jahrelanger Haft körperlich und geistig angeschlagen ist, ficht die Ablehnung seiner Berufung durch den High Court in Großbritannien an. Sollte er im Vereinigten Königreich verlieren, bleibt Assange nur noch der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um gegen mehrere Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) zu klagen.
Aber selbst, wenn der Europäische Gerichtshof eine einstweilige Verfügung gegen die Auslieferung erläßt, könnten die britischen Gerichte diese Entscheidung nicht anerkennen. Assange ist seiner Familie und Beobachtern zufolge der Auslieferung „gefährlich nahe“.
Am 4. Januar 2021 entschied die britische Bezirksrichterin Vanessa Baraitser, daß Assange aufgrund der repressiven Haftbedingungen in den USA und der Gefahr, die eine Inhaftierung für seine psychische Gesundheit darstellen würde, einschließlich der wahrscheinlichen Selbstmordgefahr, nicht an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden kann. Das Justizministerium der Regierung Biden legte Berufung ein.
Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs hob Baraitsers Entscheidung auf, nachdem das Justizministerium fragwürdige „Zusicherungen“ vorgelegt hatte, daß Assange im Falle einer Auslieferung unter menschenwürdigen Bedingungen festgehalten werden würde. Assange bat den High Court, seine anderen Berufungsgründe zu prüfen, die Baraitser abgelehnt hatte, als sie die Auslieferung aus Gründen der psychischen Gesundheit ablehnte.
Am 8. Juni 2023 lehnte der britische Richter Sir Jonathan Swift die Berufung von Assange in einer kursorischen dreiseitigen Ablehnung ab, die fast keine Analyse der in Assanges 150-seitiger Eingabe aufgeworfenen Fragen enthielt. Assange legte gegen Swifts Entscheidung Berufung beim britischen High Court ein, die noch nicht abgeschlossen ist. Die in der Anklageschrift erhobenen Anklagen zum Espionage Act beinhalten Folgendes:
Verschwörung zur Erlangung, Entgegennahme und Weitergabe von Informationen zur nationalen Verteidigung (Anklagepunkt 1); Unerlaubte Beschaffung und Entgegennahme von Informationen zur nationalen Verteidigung (Anklagepunkte 3 bis 9); und
Unbefugte Weitergabe von Informationen zur Landesverteidigung (Anklagepunkte 10 bis 18).
Darüber hinaus wird Assange der „Verschwörung zum Eindringen in Computer“ mit der Absicht angeklagt, „Manning die Beschaffung und Übermittlung von Verschlußsachen im Zusammenhang mit der nationalen Verteidigung der Vereinigten Staaten zu erleichtern“.
In den Berufungsunterlagen wird darauf hingewiesen, daß Assange wegen der Aufdeckung von „massiven Mißhandlungen und Kriegsverbrechen“, die von den Vereinigten Staaten begangen wurden, verfolgt wird. Die Europäische Menschenrechtskonvention schützt das Recht auf Leben (Artikel 2) und verbietet Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (Artikel 3). In der Beschwerde wird argumentiert, daß im Falle einer Auslieferung von Assange die reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und/oder Artikel 3 besteht.
Im September 2021 enthüllte ein Bericht von Yahoo! News, daß hochrangige Beamte der CIA und der Trump-Administration um „Skizzen“ und „Optionen“ für seine Ermordung baten, während Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London lebte und ihm Asyl gewährt wurde. Trump selbst „fragte, ob die CIA Assange ermorden und ihm ‚Optionen‘ für die Vorgehensweise liefern könnte.“
„Wenn diese staatlichen Stellen bereit waren, so weit zu gehen, während er unter dem Schutz einer Botschaft stand und sich im Vereinigten Königreich aufhielt, muß ein reales Risiko ähnlicher außergerichtlicher Maßnahmen oder Repressalien bestehen, wenn er an die USA ausgeliefert wird“, heißt es in dem Aufruf.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die Berufung von Assange könnte jeden Tag ergehen.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder